Am 27.06. fand in Moskau Deutsch-Russisches Science Forum zu Künstlicher Intelligenz (KI) statt
Deutsch-Russisches Science Forum wurde von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau, dem Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) in Moskau und dem Moskauer Institut für Physik und Technologie (MIPT) organisiert. Mit ca. 230 Besuchern aus Forschungs- und Industriekreisen stieß das Forum auf hohes Interesse.
Aktuell wird in Russland ein nationales Programm zur Förderung der Künstlichen Intelligenz, ähnlich der KI-Strategie der Bundesregierung entwickelt. Das MIPT ist als Standort des NTI-Zentrums für KI in diesen Prozess zusammen mit anderen Forschungseinrichtungen eingebunden. Die deutsch-russische Zusammenarbeit im Bereich KI ist laut Dr. Andrej Ustjuschanin von der Higher School of Economics (HSE) bereits auf einem gutem Weg. Deutschland ist unter den Top-3-Ländern, mit denen Russland kooperiert.
Ob KI ein eigenes Bewusstsein entwickelt oder gar erwacht, ist laut Prof. Dr. Karsten Wendland, Karlsruhe Institute of Technology (KIT) aktuell noch unklar. Eindeutig ist, dass KI bereits wichtige Bereiche unseres Alltags gestaltet und prägt. Auch politische Arbeit wird von KI aktiv begleitet und mitgestaltet, wie Dr. Hinrich Thoelken, Sonderbeauftragter für Internationale Digitalisierungspolitik und digitale Transformation im Auswärtigen Amt, erläuterte. Es besteht ein hoher Regulationsbedarf und eine Menge juristischer Fragen müssen geklärt werden. Herr Thoelken verwies auf die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die unlängst eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema gegründet hat. Im Mai 2019 veröffentlichte diese globale Normen, die sicherstellen sollen, dass KI robust, sicher, fair und vertrauenswürdig gestaltet wird. Weitere konkrete Anwendungsmöglichkeiten stellte Dr. Ivana Kruijff-Korbayová vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) vor.
Im Anschluss an die Keynote-Präsentationen fand eine Podiumsdiskussion statt, die von Rachelle Sellung, vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) moderiert wurde. Ihre Frage, ob KI in naher Zukunft menschlich wird, hat Dr. Konstantin Jakowlew vom Moskauer Institut für Physik und Technologie verneint. ‘Das wird noch dauern’, sagte er. Dennoch ist die Technologie bereits reif genug um Anwendungen zu programmieren. Alle Podiumsdiskussionsteilnehmer waren sich einig, dass KI einen interdisziplinären Dialog erfordert. Vor allem ethische und philosophische Fragen rücken mit der Verbreitung von KI in den Mittelpunkt. Professor Dr. Ali Sunyaev vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) forderte in diesem Zusammenhang, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz immer transparent und nachvollziehbar bleibt. Hinter jedem KI-System stehen Menschen, die es mit ihren Werten und Vorstellungen prägen. Eine internationale und im Besonderen deutsch-russische Zusammenarbeit im Bereich der KI wurde von allen Seiten begrüßt. Die Angst, wirtschaftlich abgehängt zu werden, geht auch in Deutschland um. Wie man mit den großen Playern in den USA und China mithalten kann, die über riesige Datenschätze, dem Treibstoff der KI, verfügen, beschäftigt sich auch Dr. Michael Kubach vom IAO. Zusammen mit Industriepartnern arbeitet er an Konzepten für KI und Datensicherheit. Professor Dr. Maksim Fjodorow vom Skolkower Institut für Wissenschaft und Technik (Skoltech) machte darauf aufmerksam, dass Bildung ein Bereich ist, der in naher Zukunft durch den Einsatz von KI radikal verändert wird. Lebenslanges Lernen wird zukünftig vor allem mit KI-gestützten Assistenzsystemen unterstützt.
Am Ende der Fachtagung stellten Swetlana Efimowa vom Startup „Oz Forentics“ und Witalij Nedelskij vom „Semantic Hub“ ihre Unternehmen als Beispiele für die Kommerzialisierung von KI-Technologien auf dem freien Markt vor.
Beim Abendempfang organisierte das Künstlerduo Andrej und Juliana Wrady eine interaktive Installation „Transparent Waves“. Mittels Gesichtserkennungssoftware wurden Mimik und Gestik der Gäste gescannt und in biometrische Daten übersetzt. Eine Software analysierte die Stimmung der Besucher und projizierte sie als Grafik. Damit entstand eine KI-Sichtweise auf die Menschliche Gefühlswelt.
Die Veranstaltung wurde im Rahmen des Deutsch-Russischen Jahres der Hochschulkooperation und Wissenschaft 2018-2020 organisiert.
Beitrag zur Veranstaltung in der Moskauer Deutschen Zeitung (S. 6) [pdf, 4,47 MB]
Internationale Zeitschrift “Foresight” der HSE über das Deutsch-Russische Wissenschaftsforum „Apparatus Sapiens: AI becoming human?” (russ.)